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Tschüss, Jan, au revoir à Martinique!

Das Haus ist verkauft, der Tresor leergeräumt, die Harley Davidson verpackt: Jan Bierschenk wandert aus. Am 27. Dezember 2021 fliegen er und seine Frau Astrid in die Karibik. Eine Rückkehr ist nicht vorgesehen.

Nach 36 Jahren als äußerst erfolgreicher selbständiger Goldschmied, erst in St. Georg, später in Lurup, erfüllt sich der Hamburger einen langgehegten Traum: Ein Leben auf Martinique. Ein Haus unter Palmen, tauchen, segeln und Sonne satt.

Hamburg verliert einen exzellenten Goldschmied, die AdK Hamburg ein hochgeschätztes, langjähriges Mitglied. Aber einige Freunde freuen sich auch schon: Jan Bierschenk will in seinem neuen Domizil auch eine Gästewohnung einrichten.

Seine beiden größten Leidenschaften fangen mit dem Buchstaben „S“ an: Schmuck und Segeln. Das Segeln wurde Jan Bierschenk (63) gleichsam in die Wiege gelegt. Schon sein Vater war ein ebenso begeisterter wie bekannter Segler, der mit seiner Familie jede freie Minute auf dem Wasser verbrachte. Eine Vitrine voller Pokale zeugt davon, dass der Sohn mit seiner gut neun Meter langen Hochseeyacht vom Typ Albin Ballad nicht minder erfolgreich war. Sechs WM-Titel und über 16 Kieler-Wochen-Siege kann er für sich verbuchen.

Schmuck wurde Bierschenk zwar nicht in die Wiege gelegt, aber das Auge für gute Gestaltung ist gleichsam in seine DNA eingeschrieben. Der Großvater war Drucker in Hamburg, wie auch der Ur- und der Ururgroßvater. Rund 300 Jahre lang war seine Familie im Druckergewerbe tätig gewesen, erst der Vater, der sich als Konditormeister in Lübeck niederließ, habe mit dieser Tradition gebrochen, erzählt Jan Bierschenk, der als Kind „sehr viel gemalt und gebastelt“ hat. Als es nach der Schule darum ging, einen Lehrberuf zu finden, wollte er eigentlich Glasmacher werden, doch für dieses Handwerk hätte er nach Zwiesel in Niederbayern gehen müssen. Dann schon lieber eine Goldschmiedelehre in Lübeck, um anschließend als Werkstattleiter bei dem renommiertem Hamburger Juwelier Wilm am Ballindamm zu arbeiten. Der letzte Schliff als Schmuckgestallter und die Meisterprüfung erfolgte in der Zeichenakademie Hanau, ab 1986 machte sich Jan Bierschenk mit der Galerie „KunstObjekt“ in St. Georg selbständig. Der Eintritt in die Arbeitsgemeinschaft des Kunsthandwerks Hamburg (AdK) erfolgte übrigens schon 1982, 1. Vorsitzender des Berufsverbandes war Jan Bierschenk von 2000 bis 2005.

Jan Bierschenk ObjekteObjekte von Jan Bierschenk

Mitte der 1980er Jahre ein Schmuckgeschäft auf dem Kiez von St. Georg zu eröffnen – dazu gehört schon eine Portion Mut und Selbstbewusstsein. Das Pflaster war ja ganz schön bunt. Einerseits Prostituierte, Zuhälter und Kleinkriminelle, andererseits viele Kreative, die im damaligen Rotlichtmilieu rund um den Hauptbahnhof die bezahlbaren Altbau-Wohnungen und die Nähe zum Hamburger Schauspielhaus schätzten. Journalist*innen und Schauspieler*innen wie Monika Bleibtreu, Rolf Becker oder Peggy Parnass wohnten damals in unmittelbarer Nachbarschaft und gehörten ebenso zum Kunden- und Bekanntenkreis, wie Mitglieder der Hells Angels, für die Bierschenk schweren Biker-Schmuck (Evil Rings) anfertigte.

Eine wilde Mischung in einer wilden Zeit, an die der Ausnahme-Goldschmied gern zurückdenkt. Legendär die Geschichte, als Trickdiebe ihm wertvollen Schmuck aus dem Laden stahlen und er daraufhin seine „Freunde“ von den Hells Angels um Hilfe bat. Die hatten die besten Beziehungen in Hehler-Kreise und kamen den Dieben rasch auf die Spur. Innerhalb kürzester Zeit hatte Bierschenk seinen Schmuck zurück und die Diebe eine Lektion erhalten, die sie sicher nicht so schnell vergaßen.

Jan Bierschenk ContainerObjekte von Jan Bierschenk

Keine Frage, Jan Bierschenk wird Hamburg, wird der AdK fehlen. Sein Können, sein Wissen, seine Hilfsbereitschaft, seine Verlässlichkeit, seine Liebenswürdigkeit werden fehlen.

Aber etwas von ihm wird in Hamburg, genauer gesagt, in Peter Tamms Maritimen Museum in der Hafen City, erhalten bleiben: Ein Schiff aus purem Gold, im Auftrag von Tamm 1992 erbaut, zum 500. Jahrestag der Entdeckung Amerikas. Es ist der exakte Nachbau der „Santa Maria“ (Maßstab 1:100), auf der Christoph Kolumbus 1492 die Neue Welt erreichte. So ein Schiff en miniature in 750er Gold zu bauen, ist ein Wahnsinnsprojekt, das nicht nur exzellente handwerkliche Fähigkeiten voraussetzt, sondern auch tiefgreifende Kenntnisse über den Bootsbau. Und da gibt es weit und breit nur einen, der beides vereint und leidenschaftlich genug ist, mehr als 3000 Arbeitsstunden für ein einziges Objekt zu investieren. Aber wer sich zutraut, selbst die Kronjuwelen der englischen Königin nachzubauen, dem ist nun wirklich kein Auftrag zu verwegen!

Tschüss, Jan, viel Spaß beim Segeln! Wir werden Dich vermissen und freuen uns auf ein Wiedersehen auf Martinique!

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c/o Justus Brinckmann Gesellschaft e.V.
Steintorplatz 1, 20099 Hamburg
Tel.: +49 (0)40 2452 91

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