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Mehr als nur eine Hommage an die Stadt am Fluss

„Inspiration Hamburg – Biennale angewandter Kunst der AdK und GEDOK“ im Museum für Hamburgische Geschichte

Mit „Inspiration Hamburg“ zeigt das Museum für Hamburgische Geschichte die erste Biennale angewandter Kunst in der Hansestadt – eine opulente Schau erlesener Dinge und ein Neuanfang in jeder Hinsicht.

Eine Elfe auf der Elbphilharmonie. Schon von Weitem leuchtet das poppige Motiv von Susanne Schwarz an der Fassade des Museums für Hamburgische Geschichte. Eine bezaubernd leichte, verspielte Papierarbeit, die neugierig macht auf rund 300 Arbeiten von 63 vielfach ausgezeichneten Künstlerinnen und Künstler der beiden Hamburger Berufsverbände, der Arbeitsgemeinschaft Kunsthandwerk (AdK) und dem Künstlerinnen-Netzwerk GEDOK, die hier das enorme gestalterische Potenzial Hamburger Kunsthandwerks vor Augen führen.

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Transparentmotiv von Susanne Schwarz: „Elphi”

Hafen, Handel, Herbertstraße. Die Hansestadt bietet ein wahres Füllhorn an Inspirationsquellen und das spiegeln die präsentierten Objekte. So gibt es hier kleine „Pfeffersäcke“ als Ohrhänger (Annette Kutz) zu sehen, schwere Elbbrücken-Anhänger (Babette von Dohnanyi) oder Nadeletuis aus den Federkielen der Alsterschwäne (Caroline Rügge).

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„Pfeffersäcke“, Annette Kutz | Elbbrücken-Anhänger, Babette von Dohnanyi | Nadeletuis aus Federkielen, Caroline Rügge

Schmuck, Tafelgerät, Keramik und Textil bilden den Schwerpunkt. Die Gewerke Glas, Holz und Papier machen sich dagegen rar. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Hamburg seit Jahrzehnten keine Drechsler und Glasgestalter mehr ausbildet. Auch die Hochschulen haben diese Gewerke sträflich vernachlässigt. Was dabei an künstlerischen und handwerklichen Fähigkeiten verloren zu gehen droht, zeigen beispielsweise das von Duckdalben inspirierte Dosen-Ensemble von Horst Kontak. Ebenso die raffinierten, Hamburger Backsteinfassaden nachempfundenen Glasreliefs von Hartmann Greb.

 

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Dosen-Ensemble, Horst Kontak | Backsteinfassaden, Hartmann Greb | Speicherstadt als Papierarbeit, Sigrid Vollmer

Oder die skulpturalen Buchschober von Sigrid Vollmer, eine ausgesprochen gelungene Interpretation der Speicherstadt. Die andere stammt von Uwe Krause, einem Keramiker, der heute in der Provence lebt und seine Kindheitserinnerungen zu einer imposanten „Hafenlandschaft“ verarbeitet hat. Uwe Krause ist übrigens einer der diesjährigen Preisträger und zwar erhielt er den Ehrenpreis der Hamburger Hapag Lloyd Stiftung für herausragendes Kunsthandwerk. Der zweite Preis der Hapag Lloyd Stiftung, der „Preis für innovatives Handwerk“, ging an die Hamburger Gold-und Silberschmiedin Silja Böhm für ihre Ketten „Hamburger Bohrprofil“ und „Hamburger Erdschichten“. Beide Arbeiten nehmen Bezug auf die regionale Geologie. Den „Preis für das beste Einzelstück der Handwerkskammer Hamburg“, den die Kammer in diesem Jahr leider zum letzten Mal vergibt, ging an die Textilkünstlerin Ulrike Isensee für ihren raffiniert gearbeiteten, hauchzarten Wandbehang „Stadt am Strom“. Dieses Textilbild hat mit „angewandt“ im eigentlichen Sinne nichts mehr zu tun.

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Hamburger Bohrprofil, Silja Böhm | Hafenlandschaft, Uwe Krause | Stadt am Strom, Ulrike Isensee

Überhaupt zeigen etliche Werke dieser Schau, wie überholt das Schubladendenken ist. Das raumgreifende Filz-Mobile von Anja Matzke ist ebenso „frei“, wie die figürlichen Keramiken von Claudia Craemer, Silke Decker und Katharina Ortleb. Mehr Kunstobjekt als Gebrauchsgegenstand sind auch die exquisiten Glas- und Silberarbeiten von Kathrin Heinicke. Die Gold- und Silberschmiedin punzierte historische Straßennamen und Wasserwege in Ringe und hauchzarte Silberblätter, die auf einer Glasschale wie auf einem Fleet zu treiben scheinen.

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Filz-Mobile, Anja Matzke | Keramiken von Claudia Craemer, Silke Decker und Katharina Ortleb | Glas- und Silberarbeiten, Kathrin Heinicke

Für die angewandten Künstler*Innen der Stadt wie für das Museum für Hamburgische Geschichte ist diese Ausstellungs-Kooperation ein Glücksfall. Die AdK war gezwungen, sich neu zu orientieren, nachdem die Galerie der Handwerkskammer Hamburger nicht mehr für Ausstellungen zur Verfügung stand und die Kammer überdies die seit 1992 bestehende Zusammenarbeit aufkündigte.

Das Museum für Hamburgische Geschichte wiederum, das in den kommenden Jahren für 36 Millionen Euro sowohl baulich als auch konzeptionell runderneuert wird, ist schon jetzt in Begriff, sich als lebendiger Ort der Vermittlung neu zu positionieren.

Mit „Inspiration Hamburg“ knüpft das Museum an die stadthistorischen Sammlungsbestände an und schlägt einen großen Bogen von den handwerklich geprägten Anfängen in die unmittelbare Gegenwart – zu jenen Kreativen, die Hamburg heute bereichern. Und zu denen Claudia Horbas, verantwortlich für Ausstellungen im Museum für Hamburgische Geschichte, übrigens großes Vertrauen hatte: Sie ließ den Gästen völlig freie Hand. Konzept und Ausführung der Ausstellung lagen allein bei AdK und GEDOK und die wussten ihr gestalterisches Potenzial hervorragend zu nutzen.

Damit dieser Sprung in die Gegenwart nicht temporär bleibt, möchte Horbas einige Exponate der Ausstellung für die ständige Sammlung erwerben und hat zu Patenschaften aufgerufen. Einer hat den Ruf bereits erhört: Reinhard Bochem, Chef der ältesten Edelmetall-Scheideanstalt nördlich der Elbe, stellte bereits einen großzügigen vierstelligen Betrag für einen Ankauf zur Verfügung.

Fazit: Diese Biennale ist nicht nur eine liebevolle Hommage an Hamburg. Sie rückt im Kontext der Stadtgeschichte auch die kulturhistorische Bedeutung zeitgenössischen Kunsthandwerks ins Bewusstsein. In zwei- dreihundert Jahren wird man all die schönen Dinge, mit denen wir uns und unsere Wohnungen schmücken, ebenso ehrfürchtig betrachten, wie heutzutage die musealen Zeugnisse Althamburger Lebens- und Wohnkultur.


„Inspiration Hamburg – Biennale angewanderter Kunst"
der AdK und GEDOK,

schon jetzt verlängert bis zum 16. November, Museum für Hamburgische Geschichte.
Alle Informationen unter www.shmh.de.

Bitte lesen Sie auch den Artikel: Inspiration Hamburg bei Fabolous St. Pauli

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